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11.12.2020
Fanabteilung

„Bewahrung der Tradition“

Anlässlich des 20. Geburtstags der Fanabteilung gibt Geschäftsführer Henning Schwarz Einblicke in die Abteilung, aber auch die Arbeit hinter den Kulissen.

2014 wurde Henning in den Vorstand der Fan- und Förderabteilung gewählt. Zu diesem Zeitpunkt konnte die Abteilung auf 15.000 Mitglieder bauen – eine Zahl, die bei Gründung im Dezember 2000 nahezu undenkbar schien. Selbst die 10.000 Vereinsmitglieder, die der damals seit einem halben Jahr amtierende Präsident Peter Fischer als Ziel ausgerufen hatte, galten seinerzeit als visionär, zählte der Gesamtverein in jenen Tagen doch gerade mal knapp 5.700 Mitglieder. Nach dem Pokalsieg 2018 übernahm Henning mit dem Ausscheiden des langjährigen Büroleiters Thomas Nixdorf die Geschäftsführung der Abteilung. Zunächst kommissarisch, seit Mai 2019 in Vollzeit. Wir haben uns mit ihm über die Vergangenheit, die Gegenwart, aber auch die Zukunft unterhalten.

Aus der Kurve in den Vorstand der Fanabteilung. Wie kam es eigentlich dazu?

Henning: Ich komme ja aus der Fanszene und hatte zuvor schon viele Verbindungen in die Abteilung, zumal ich dem Verein schon immer nahestand. 2008 haben wir gemeinsam den Abschied vom alten Riederwald organisiert und inszeniert. Als Matthias Scheurer 2014 nach sieben Jahren im Vorstand aus privaten und beruflichen Gründen ausschied und Stefan Minden (Vize-Präsident) sowie Stefan Ungänz (Abteilungsleiter) anfragten, ob ich mir vorstellen könne im Vorstand mitzuarbeiten, war es für mich keine große Überlegung, dem zu zustimmen. Zumal ich mich auch mit den Ideen und Vorstellungen des Gründungskonzepts zu 100 Prozent identifiziere. Bei der nächsten Versammlung wurde ich dann von den Mitgliedern bestätigt.

Was waren deine Schwerpunkte in der Vorstandsarbeit?

Henning: Einerseits natürlich konkrete Fanarbeit, auch Fanpolitik. Dies betrifft nicht zuletzt die Kommunikation mit anderen Faninstanzen wie den Fanclubs, dem Fanprojekt, der Fanbetreuung oder den Ultras – aber auch den Austausch mit der Fußball AG, sei es im Fanbeirat aber auch darüber hinaus. Andererseits hatte ich auch immer einen guten Draht ins Büro und in die Geschäftsstelle. So entstanden neue Projekte wie die Adler Classics oder Formate wie „Fanabteilung trifft ...“. Die Stärkung der Fanabteilung und damit des Gesamtvereins lag mir schon immer am Herzen.

Wenn wir über Fanpolitik sprechen, welche Themen haben euch konkret bewegt?

Henning: Alles was mit dem Stadionumbau zu tun hat, zum Beispiel. Wir haben die „Initiative Stadionausbau“ wieder belebt, die schon in den ersten Jahren der Abteilung mit dafür gesorgt hat, dass wir in der damals neuen Arena eine breite Kurve bekamen und keine Laufbahn, die Fans vom Spielfeld trennt. Jetzt ging es darum, die Anzahl der Stehplätze zu erhöhen – eine Idee, die ja von der Eintracht ausging und die mit den Interessen der Stadt als Eigentümer synchronisiert werden musste. Wie kann das aussehen? Wie wird es umgesetzt? Außerdem haben uns die Montagsspiele beschäftigt, die wir strikt ablehnen. Bei beiden Themen war ebenfalls der Austausch mit anderen Fangruppierungen und der AG immens wichtig.

Am 11. Dezember 2000 wurde die Fanabteilung gegründet. Den ersten Vorstand bildeten Rudolf Köhler, Jürgen Perlich, Abteilungsleiter Guido Derckum und Klaus Walter. (v.l.)

20 Jahre Fanabteilung – eine lange Zeit. Welche Rolle kommt der Abteilung generell zu?

Henning: Vieles steht ja schon im Gründungskonzept und wurde peu a peu umgesetzt. Wesentlich ist die Einbindung der Fans in den Verein. Und dass wir bei Kernthemen an einem Strang ziehen. Natürlich können nicht alle immer einer Meinung sein, von daher ist eine Streitkultur enorm wichtig. Letztlich aber geht es immer um die Eintracht – als basisorientierter Verein mit einer klaren Haltung beispielsweise für Fanrechte, zur 50+1-Regelung, aber auch zu gesellschaftlichen Themen. Der Fokus liegt dabei auch in der Bewahrung der Tradition.

Welchem Stellenwert unterliegt dabei eigentlich der Begriff „Förder“ Abteilung?

Henning: Die Förderung anderer Abteilungen steht mit an höchster Stelle. Für uns wie für die Eintracht ist es von großer Bedeutung, dass alle Abteilungen viel machen können. Und überall wo wir mit Know-how, durch unsere Struktur, aber auch finanziell helfen können, machen wir das gerne, egal auf welcher Ebene. Es ist doch auch großartig, wenn man sieht, wie die Sportler im Trikot der Eintracht Spaß haben und erfolgreich sind, auch wenn die Profifußballer meist im Rampenlicht stehen.

Als du 2018 zunächst kommissarisch die Abteilungsgeschäftsführung übernommen hast, hatte die Eintracht gerade den Pokal gewonnen, Europa stand vor der Tür. Auch für euch eine Herausforderung?

Henning: Oh ja, zumal das allererste Spiel in Marseille ohne Zuschauer stattfinden sollte und klar war, dass es dennoch eine Menge Eintrachtler in Richtung Frankreich zieht. Daraufhin hat die Stadt Marseille ein Betretungsverbot ausgesprochen. In einer Nacht- und Nebelaktion haben wir dann mit allen Frankfurter Faninstitutionen sowie den Football Supporters Europe (FSE) und der Französischen Vereinigung ANS ein gemeinsames Statement erarbeitet und herausgegeben und mit den französischen Kollegen sowie unserer Fußball AG gegen die Verfügung geklagt.

Welche Bedeutung spielt dabei die Vernetzung, sowohl national als auch international?

Henning: Eine große, das beginnt schon damit, dass wir innerhalb der Eintracht an einem Strang ziehen müssen, um unsere Ziele wie beispielsweise den Stadionumbau zu erreichen. National gehören wir zu den Gründern von „Unsere Kurve e.V.“ und international sind wir Teil der „Football Supporters Europe“. Auch zu „Supporters Direct Europe“ haben wir einen guten Draht. Der Blick über den Tellerrand ist von zentraler Bedeutung. Einerseits lernen wir eine Menge – auch was es heißt, wenn Investoren wie in England einen großen Einfluss auf das Geschehen nehmen und auf die Belange der Fans, die den Fußball tragen, kaum Rücksicht genommen wird. Andererseits haben uns die Kontakte gerade bei internationalen Spielen extrem weitergeholfen.

Inwiefern?

Henning: Je nachdem in welchem Land man spielt, kommen andere Probleme auf einen zu – sei es mit der Polizei, ob rechtlicher oder organisatorischer Natur. Seit den Erfahrungen aus Vigo, als die Vernetzung noch in den Kinderschuhen steckte und es mit der Polizei massive Probleme gab, haben wir eine Menge gelernt. Wir wissen nun um die Bedeutung lokaler Ansprechpartner. Das fängt mit der Kenntnis der Landessprache an, geht über die Expertise der Gesamtsituation bis hin zu juristischem Support. Ein Beispiel: In Lissabon hieß es beim Fanmarsch seitens der Polizei: Keine Glasflaschen. Das ist natürlich bei Tausenden von Fans nicht bis zu jedem durchgedrungen. Als sich dabei kleinere Eskalationen andeuteten, sprach unsere portugiesische Anwältin mit dem Einsatzleiter und hat die Problematik entsprechend moderiert. Danach gab es keine Probleme mehr.

Ich freue mich auf den Tag, an dem 51.500 Leute im Stadion stehen und „Im Herzen von Europa“ singen.

Henning Schwarz

Die Europreisen fanden durch Corona ein abruptes Ende, der gesamte Alltag hat sich verändert. Wie seid ihr damit umgegangen?

Henning: Die Probleme fingen ja schon mit der Spielverschiebung in Salzburg an. Kurzfristig mussten wir uns um Übernachtungsmöglichkeiten kümmern und eine neue Rückfahrt organisieren. Mit Corona stellten wir uns direkt die Frage, wo wir helfen können. So organisierten wir Versorgungsfahrten für Mitglieder, die von der Pandemie besonders betroffen waren. Auch versuchten wir, mit der Kampagne „In Eintracht helfen“ kleinere Unternehmen, Kulturbetriebe und Kneipen zu stärken. Und gemeinsam mit der AG sammelten wir Pfandflaschen, deren Erlös an die Frankfurter Tafel ging. Aber auch die Einbindung der Mitglieder in die Eintracht-Familie in diesen Zeiten lag uns am Herzen, so gab es etliche Online-Angebote. Ob für die Junior Adler, unsere Classics oder die TzA. Immerhin konnten wir sogar eine Veranstaltung mit Alex Meier im Stadion durchführen sowie ein Sommerfest in der Batschkapp.

Zuletzt noch ein kleiner Ausblick in die Zukunft.

Henning: Wir hatten einiges in der Pipeline, auch weitere Veranstaltungen für die auswärtigen Mitglieder. Aber sämtliche Vorhaben wurden durch Corona jäh gestoppt. Wir hoffen alle, dass die Pandemie bald vorüber ist, dennoch planen wir zweigleisig. Lasst euch überraschen. Aber was freue ich mich auf den Tag, an dem 51.500 Leute im Stadion stehen und „Im Herzen von Europa“ singen. Wir kommen da durch – und es wird womöglich das Highlight des Jahrzehnts.