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13.12.2020
Fanabteilung

Die ersten Jahre

Am 11. Dezember feierte die Fanabteilung ihren 20. Geburtstag. Ein guter Anlass um auf die vergangenen zwei Jahrzehnte zurückzublicken. Teil 2 der Abteilungsgeschichte.

Das erste Jahr brachte der Abteilung gleich 526 Mitglieder. Die Bilanz hätte womöglich noch besser ausgesehen, wäre die Eintracht nicht am Ende der Saison zum zweiten Mal in ihrer Historie aus der Bundesliga abgestiegen. Auswärtsfahrten in Sonderzügen brachten die Vereinsmitglieder nach Rostock, München oder Wolfsburg. Erstmals legte ein Schiff voll mit Eintrachtlern Richtung Mainz ab und es ging in Kooperation mit den „Geiselgangstern“ sogar nach Norwegen zu Besuch von Jan Aage Fjörtoft, der die Eintracht im März verlassen hatte. Erstmals richtete die Abteilung auch das mittlerweile zur Tradition gehörende Fanclub-Turnier aus. Als schwierig erwies sich die Arbeit der Arbeitsgruppe „Stadionneubau“, entstanden aus der „Initiative Reines Fußballstadion“. Der strategische Partner der Eintracht, Octagon, hatte nicht nur die Unterschrift unter den ausgehandelten Stadionbetreibervertrag verweigert, sondern sich gleich ganz aus dem Geschäft zurückgezogen.

Mitglieder der Fanabteilung arbeiteten in der Satzungskommission des Hauptvereins mit – und sorgten dafür, dass der Präsident fortan wieder durch die Mitglieder gewählt wird. Mit der „13“ erschienen auch erste Publikationen. Der erste Abteilungsleiter der Fan- und Förderabteilung, Guido Derckum, erinnert sich an die frühen Jahre: „Die Investoren wollten aus der Eintracht einen kommerziellen Verein nach amerikanischem Vorbild machen. Auch das Stadion sollte danach ausgerichtet werden. Es war ein harter Kampf, unsere Interessen sowohl bei der AG als auch bei der Stadt durchzusetzen. Keine Laufbahn. Viele Stehplätze. Das war unser Ziel. Daran haben viele Leute aus der Fanszene mitgearbeitet. Neben dem Stadionumbau war uns extrem wichtig, dass der Verein wieder stärker von der Mitgliederbasis getragen wird. Und da gab es für unsere Pläne nach reiflicher Überlegung nur ein Ziel: Wir mussten eine Abteilung im Verein werden. Den Vorbehalten begegneten wir mit dem Zugeständnis, dass wir nicht nur eine Fan- sondern gleichermaßen auch eine Förderabteilung gründen werden – und die Förderung allen Abteilungen zu Gute kommt. Unser Joker war, dass wir damals nicht nur aus Fan-Sicht argumentierten, sondern mit den juristisch versierten Fans Axel Hellmann, Klaus Walter und später Stefan Minden auch die rechtliche Seite bespielen konnten“.

Während sich die Fanabteilung etablierte und allen Vorbehalten trotzte, sollte sich früher als gedacht nach dem Rückzug von Octagon die Notwendigkeit eines starken Vereins erweisen. Octagon hatte in nur zwei Jahren viele Millionen verpulvert, aber als sportlichen Ertrag nur einen Abstieg und einen verpassten Wiederaufstieg geerntet. Die AG suchte nun verzweifelt nach einem neuen Investor. Derweil verwandelten Bagger das Waldstadion in eine Baustelle und die Eintracht stand ohne Lizenz da. Erst in letzter Sekunde wurde der drohende Lizenzentzug im Sommer verhindert, die Eintracht blieb zumindest zweitklassig und die Fanabteilung wuchs stetig. Dirk Reinmann und Jörg Strehler ersetzten noch im gleichen Jahr die aus privaten Gründen zurückgetretenen Vorstandsmitglieder Jürgen Perlich und Rudolf Köhler. Konstanz zeigte sich vor allem in der Führung des Vereins, allen voran durch Peter Fischer, der im Dezember 2002 mit überwältigender Mehrheit in seinem Amt bestätigt wurde. Mit Axel Hellmann, Mitbegründer der Fanabteilung und nunmehr Vize-Präsident des Vereins wusste er einen loyalen Partner an seiner Seite.

Die Angebote wurden ausgebaut

In der Folge fußte die Arbeit der Abteilung auf mehreren Säulen. Einerseits wurden den Mitgliedern Angebote wie Auswärtsfahrten unterbreitet, anderseits galt es, den Verein zu stärken und die Interessen der Fans institutionell zu etablieren. Dazu gehörte auch die kritische Begleitung solcher Phänomene wie Pyrotechnik und nicht zuletzt die damit zusammenhängende Häufung von Stadionverboten zu hinterfragen. Zudem gesellte sich die Interessenvertretung aktiver Fußballfans über die Grenzen der Eintracht hinaus. So gehörte die Fanabteilung zu den Gründungsmitgliedern von „Unsere Kurve e.V.“ im Jahr 2005. Nachdem ein Boykott der Nordwestkurve zum Spiel gegen Bielefeld 2006 aus Protest gegen mehrere Stadionverbote nach dem Gießkannenprinzip für lebhafte Diskussionen innerhalb der Eintracht-Fanszene sorgte, organisierte die Fanabteilung einen runden Tisch aller Fangruppen der Eintracht, welcher einen Reformvorschlag für die Stadionverbots-Richtlinien entwarf. Dieser Vorschlag wurde über „Unsere Kurve“ beim DFB eingereicht und führte schließlich zu einer Neufassung und punktuellen Liberalisierung der Stadionverbots-Richtlinie.

Auch der Pflege der Tradition hatte sich die Abteilung schon früh verschrieben. Um der Forderung nach einem Museum Nachdruck zu verleihen, wurde im Winter 2003/04 gemeinsam mit dem Vereinsarchiv eine Sammlung gestartet, mit dem Zweck, ein Replikat der Meisterschale nach Frankfurt zu holen. Zum Zeitpunkt der Übergabe im April 2004 konnte die Abteilung das 1.000ste Mitglied begrüßen. Im gleichen Jahr ging auch die Homepage eintracht-museum.de online – drei Jahre vor Eröffnung des Museums!

Ehrenamtlich war der Aufwand nicht mehr zu bewältigen. Mit Thomas Nixdorf und Patrick Widera betraten zwischen 2003 und 2004 neue Gesichter die Bühne und sorgten nun hauptberuflich für eine reibungslose Organisation und Verwaltung, tatkräftig unterstützt durch Jasmin Schrader. Neu im Angebot war nun auch der Hallenkick in der Soccer-Halle in Preungesheim.

Dem Führungschaos in der Fußball AG wurde mit der Ernennung von Heribert Bruchhagen als Vorstandsvorsitzenden der Eintracht Frankfurt Fußball AG ein vorläufiges Ende bereitet. Und die Eintracht begann, sich in der ersten Liga zu etablieren. Doch noch immer war ein großes Ziel nicht erreicht: Die Verschmelzung zwischen dem Verein und Fußball AG. Immerhin zählte die Abteilung im März 2005 bereits 2.000 Mitglieder. Noch vor Ende des Jahres waren es bereits 3.000. Zum fünfjährigen Jubiläum im Dezember 2005 war die Abteilung aus dem Verein nicht mehr wegzudenken. Und mit dem UEFA Cup konnte nach einer weiteren Sammelaktion eine zweite Trophäe in die Vitrine gestellt werden. Komplettiert wurde die Trophäensammlung durch den DFB-Pokal im Jahr darauf.

Kopenhagen, Vigo und Istanbul

2006 war das Jahr, in dem die Eintracht erstmals seit 1988 wieder das Pokalfinale in Berlin erreichte. Die Abteilung unterstützte die Feierlichkeiten der Bembelbar mit Kisten voller Apfelweingläser, die an die Fans ausgegeben wurden. Trotz der Niederlage im Endspiel war erstmals seit 1994 der Einzug in den UEFA Cup geschafft und die Fanabteilung subventionierte ihren Mitgliedern Plätze in den Fliegern, die nach Kopenhagen, Vigo und Istanbul abhoben. Weitere Höhepunkte waren die Fan-Pressekonferenzen, bei denen aktuelle Spieler den Fans Rede und Antwort standen. Auch nahm der Wunsch nach einem Vereinsmuseum konkrete Formen an. Besuche bei bestehenden Museen standen auf dem Programm und eine Museumsgruppe, an der die Abteilung maßgeblich beteiligt war, nahm ihre Arbeit auf.

Als 2007 der alte Vorstand um Guido Derckum als Abteilungsleiter abdankte, konnte sich die Bilanz mehr als sehen lassen. Die Mitgliederzahlen des Vereins hatten sich verdoppelt, aus dem schlingernden Schiff Eintracht war ein etablierter Bundesliga-Dampfer geworden, der sogar in internationalen Gewässern schippern konnte und Mitglieder der Abteilung saßen in vielen wichtigen Gremien des Vereins. Aus dem Waldstadion war die Commerzbank-Arena ohne Laufbahn und mit einer breiten Kurve entstanden. Zudem stand die Eröffnung des Museums vor der Tür. „Dass es uns gelungen war, die Fans ins Haus der Eintracht zu holen und damit auch zu dem tragfähigen Fundament beigetragen zu haben, auf dem die Eintracht auch heute noch steht, ist vielleicht der wesentlichste Aspekt unserer damaligen Arbeit. Ohne die Beiträge der Fan- und Förderabteilung gäbe es wahrscheinlich keinen neuen Riederwald, kein Museum und ein völlig anderes Stadion“, bilanziert Guido Derckum die Jahre seiner Amtszeit. „Aber daran haben viele Leute ihren Anteil – ob Peter Fischer, Axel Hellmann, Öri (Michael Gabriel; Anm. d. Red.), Matze Thoma, Matthias Scheurer, Andy Klünder, Andreas Hornung und etliche andere mehr.“