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28.06.2009

Ein wahrlich meisterlicher Abend im Eintracht Museum

Teil 7 der \"Tradition zum Anfassen\" stand ganz im Zeichen des größten Vereinstriumphes

Zum siebten Mal luden die Fan- und Förderabteilung und das Eintracht Frankfurt Museum zur Veranstaltungsreihe „Tradition zum Anfassen“ in das Eintracht-Museum ein. Das Thema lag auf der Hand – in diesen Tagen, da sich der größte Triumph unserer Vereinsgeschichte zum 50. Mal jährt und die gesamte Eintracht-Familie mit verschiedenen Veranstaltungen jene legendäre Mannschaft ehrt, die am 28. Juni 1959 für den bislang leider einzigen Meistertitel der Eintrachtgeschichte sorgte.Die ehemaligen Spieler Egon Loy, Hans Weilbächer, Dieter Stinka, Dieter Lindner, Istvan Sztani, Erwin Stein und Wolfgang Solz wurden, nach einem vor dem Museum aufgenommenen Erinnerungsfoto, einzeln ins Museum gerufen und genossen auf ihrem Weg die Standing Ovations der wieder einmal zahlreich erschienen Besucher.
Um dem gesamten Kader des Meisters von 1959 die ihm gebührende Ehre zu erweisen, wurde auch derjenigen Meister gedacht, die leider bereits verstorben sind (und die doch immer unvergessen bleiben).Außer den genannten Spielern waren erfreulicherweise auch etliche sonstige Weggefährten, Zeitzeugen und Angehörige der 59er Meister unserer Einladung gefolgt, so dass der wie immer bestens vorbereitete und souverän durch den Abend führende Moderator Axel „Beve“ Hoffmann unseren Gästen viele nette Anekdoten und Geschichten rund um die glorreiche Saison 1958/59 und deren krönenden Abschluss im Berliner Olympiastadion entlocken konnte.

Die Spieler berichteten unter anderem, wie sie zur Endrunde in der Sportschule neben dem Stadion einkaserniert worden waren. Außer Pfaff und Sztani ging damals jeder Spieler tagsüber einem normalen Beruf nach. Nach Feierabend hatten sie sich umgehend in der Sportschule einzufinden, wo noch mal trainiert und gemeinsam gegessen wurde. Der strenge Trainer Paul Osswald hatte frühe Bettruhe angeordnet und jedem Spieler maximal ein abendliches Bier erlaubt.
Das war einigen Spielern deutlich zu wenig (Sztani: „der Alfred hatte ’ne Kneipe – dem brauchtest Du mit nur einem Bier gar net erst zu kommen!“). Zum Glück gab es aber auch Teekannen, und gegen Tee hatte der spätere Meistertrainer nichts einzuwenden. Was Paul Osswald nicht wusste: Die Spieler hatten die Köchin Uschi Bauer dazu gebracht, in einige der Kannen Gerstensaft statt Tee zu füllen...

Just in diesem Moment wurde den Spielern im Museum Teekannen auf den Tisch gestellt. Etwaige Zweifel über den Inhalt der Kannen wurden rasch durch die dazugehörigen Pilsgläser beseitigt...

Doch nicht nur die Spieler plauderten bereitwillig über „damals“, schließlich waren noch viele weitere Zeitzeugen im Museum zu Gast. Zum Beispiel Anton Hübler, der von 1954 bis 1995 41 Jahre lang als Gärtner, Zeugwart und gute Seele des Vereins wirkte. Am Endspielwochenende 1959 betreute er den aus Ungarn nach Berlin angereisten Vater von Istvan Sztani. Noch vor dem Abflug nach Berlin hatte er am heimischen Riederwald ein Blumenbeet mit dem Schriftzug „Eintracht Frankfurt – Deutscher Meister 1959“ angelegt und vorsorglich mit Zweigen abgedeckt. Gleich nach dem Endspielsieg rief Toni zu Hause an und ließ die Zweige wegbringen...

Geschmunzelt werden durfte auch bei der Geschichte von Kurt E. Schmitt, seit den 1950er Jahren bei der Eintracht in zahlreichen Ämtern aktiv, Frankfurts beliebtester Verkehrspolizist und nach eigener Aussage so etwas wie der erste „Ultra“ Frankfurts. Als er in der Endspielwoche vor der Alten Oper den Verkehr regelte, kamen plötzlich Alfred Pfaff und seine Ehefrau vorbei und drückten ihm zwei Eintrachtfahnen in die Hand.
Auf seine Frage, was er denn damit machen solle, rief ihm „Don Alfredo“ noch ein: „Ei ja, den Verkehr regeln – was sonst?“ hinterher und verschwand. Voller Begeisterung schwenkte Kurt Schmitt nun die Eintrachtfahnen und lotste so die Autofahrer über die Kreuzung. Für diese Aktion wurde „Kurti“ später zum Frankfurter Polizeipräsidenten zitiert...Noch viele andere Geschichten wurden zum Besten gegeben, man erfuhr von fairen sportlichen Gesten, großer Kameradschaft und bis heute währenden Freundschaften. Spielerfrauen kamen zu Wort (Frau Loy, Frau Stinka und Frau Weilbächer) und auch der damals 10-jährige Sohn von Alfred Pfaff. Natürlich ging man auch auf den überwältigenden Empfang ein, der den Meistern bei ihrer Rückkehr aus Berlin bereitet wurde. Zwei- bis dreihunderttausend Menschen säumten damals die Straßen zwischen Hauptbahnhof und Römerberg, durch die die Mannschaft auf von Brauereipferden gezogenen Wagen gefahren wurde.Auch wenn wegen der Vielzahl unserer Gäste und der nur beschränkt zur Verfügung stehenden Zeit nicht alles so vertieft werden konnte, wie es einzelne Aspekte oder Geschichten und deren Protagonisten zweifellos verdient hätten, so fügten sich doch die einzelnen Wortbeiträge zu einem interessanten Gesamtbild aus jener großen Eintracht-Epoche zusammen.
Es waren witzige, rührende, nachdenklich machende Berichte aus einer fernen Zeit, als Spitzenfußballer noch tagsüber acht Stunden arbeiten gingen, als untereinander noch große Kameradschaft herrschte und man den Spielern anderer Vereine stets mit Respekt begegnete, als eine großartige Eintracht von Sieg zu Sieg eilte (das Endspiel war der 14. Sieg in Folge und das 31. Pflichtspiel ohne Niederlage hintereinander) und nach dem legendären Triumph weit über 200.000 begeisterte Menschen zur Meisterfeier auf die Straße brachte.

Ehrfürchtig bedanken wir uns bei den Meistern für den Besuch unserer Veranstaltung, für das geduldige Erfüllen zahlloser Autogrammwünsche und Bitten nach Erinnerungsfotos – und, natürlich, für den Meistertitel von 1959. Wir hoffen, sie noch oft zu diversen Veranstaltungen begrüßen zu dürfen und werden auch das Andenken an die bereits Verstorbenen weiter wahren.

Allen Eintrachtlern, die unserer gestrigen „Tradition zum Anfassen“-Veranstaltung nicht beiwohnen konnten, sei abschließend noch der Besuch der Ausstellung „59 Meister- ein Triumph und seine Gesichter“ im Eintracht Frankfurt Museum ganz warm ans Adlerherz gelegt. Mit zahlreichen liebevoll zusammengestellten Exponaten und Tafeln entführt die Ausstellung ihre Besucher ebenfalls in die Zeit des größten Eintracht-Triumphs. Seit gestern ist im Museum auch das dazugehörige, von Matze Thoma geschriebene Buch erhältlich, das mit „Ausstellungskatalog“ nur unzureichend beschrieben ist. Wir meinen: ein absolutes „Muss“ für jeden Eintrachtfan!Die Ausstellung läuft noch bis 23. August 2009. Weitere Informationen gibt es auf der Homepage des Museums.