"Und wenn sie gewinnt im Waldstadion, dann ist die Stimmung groß". So heißt eine Zeile im Liedtext von "Im Herzen von Europa". Groß war sie, die Stimmung beim Public Viewing im Deutsche Bank Park am Mittwoch. Mehr als 50.000 Fans sind dem Ruf ihres „Wohnzimmers“ gefolgt, um die Liveübertragung des Europa-League-Finales der Eintracht zu verfolgen.
Los ging es mit einem bunten Rahmenprogramm, das von den beiden FFH-Moderatoren Julia Nestle und Daniel Fischer eröffnet wurde. Deren Frage, ob Frankfurt gut drauf sei, erübrigte sich schnell. Denn die Fans hatten so richtig Bock! Bereits kurz nach Einlass ebbten die ersten Laola-Wellen durch die Arena, schwarz-weiße Fanschals wurden gewedelt und schließlich in den Himmel gestreckt, als "Im Herzen von Europa" zum ersten Mal an diesem Abend ertönte.
Während die musikalischen Acts wie "The Grand Jam" und der Frankfurter Rapper Jamin für Stimmung sorgten, füllten sich die Ränge und der Innenraum. Die regelmäßigen Liveschalten nach Sevilla wurden von den Fans frenetisch bejubelt, so dass so manches Wort der Reporter und ihrer Interviewgäste von der Lautstärke verschluckt wurde. Als dann „Tage wie diese" der Toten Hosen in der Arena erklang, wurde jedem noch einmal klar, warum er heute im Deutsche Bank Park war: für eine magische Europapokalfinalnacht mit Momenten für die Unendlichkeit.
Spätestens 20 Minuten vor Anpfiff war der Deutsche Bank Park komplett voll. Zeit, um zum zweiten Mal "Im Herzen von Europa" anzustimmen. Ein schwarz-weißes Schal- und Fahnenmeer sang mit aller Stimmgewalt und wippte im Takt zur Hymne. Gänsehaut-Moment.
Nach dem Brüllen der Mannschaftsaufstellung ging es dann endlich rein in die Partie. Eine positive Anspannung löste vorerst die feierliche Stimmung ab. Doch mit dem ersten Abschluss von Djibril Sow war Letztere direkt wieder zurück. Es folgten "Die SGE"-Gesänge und weitere gute Tormöglichkeiten der Eintracht. Für die torlose erste Halbzeit gab es dennoch Applaus aus dem Deutsche Bank Park. Jeder spürte, dass mehr drin war.
Im schwarz-weißen Fanmeer im Innenraum ragte fast die gesamte Spielzeit über ein selbstgebastelter Europapokal in die Höhe. Selbst der Führungstreffer der Rangers konnte hier niemandem die Euphorie nehmen. Der Glaube an den historischen Erfolg von Sevilla blieb. Als Rafael Borré nach einer Flanke von Filip Kostić den Ausgleich erzielte, brach der Jubel alle Bände.
Nach einer torlosen Verlängerung musste die Entscheidung im Elfmeterschießen her. Es herrschte pure Dramatik und starre Blicke richteten sich auf die vier Leinwände in der Arena. Anders als im Estadio Ramón Sánchez-Pizjuán mussten die Schützen der Rangers auf der Leinwand vor einer weißen Wand im Deutsche Bank Park antreten.
Als Kevin Trapp gegen Aaron Ramsey parierte und Rafael Borré kurz vor Mitternacht den entscheidenden Elfmeter verwandelte, platzte der Deutsche Bank Park aus allen Nähten. Getränkebecher flogen durch die Luft – so mancher bekam eine (un)freiwillige Bierdusche –, weiße Papierfetzen schossen aus den Konfettikanonen und Menschen lagen sich minutenlang in den Armen. Hier saß niemand mehr. Kaum jemand fand Worte für das, was eben passierte. "Geil", "Unglaublich", "JAAAAAAA", "Europa-League-Sieger“, „Ohhh wie ist das schön!“. Ja, so was hatte man lange nicht mehr gesehen und erlebt. 42 Jahre nicht mehr, als eben im Waldstadion Fred Schaub die Adlerträger zum UEFA-Pokalsieg geschossen hatte.
Im Herzen von Europa gab es ab hier und heute nur noch pure Ekstase, Freude und Stolz auf die Eintracht und das Geleistete in dieser Saison. Es hätte keinen besseren Song als „We Are the Champions“ geben können, um Kapitän Seppl Rode dabei zuzusehen, wie er den langersehnten Pokal in den Nachthimmel Sevillas stemmte. Mit dem Jürgen. Für den Jürgen. Wie am 21. Mai 1980 im Waldstadion.