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29.05.2023
Fans

Fünf DFB-Pokalsiege: „Siggi“ ist immer dabei

Siegfried „Siggi“ Endrikat ist seit 57 Jahren glühender Eintracht-Fan, bei allen Cup-Triumphen war er im Stadion. Im Interview blickt er auf die Partien zurück und wagt eine Prognose.

Siggi, 1964 stand die Eintracht erstmals im DFB-Pokalfinale. Es ist das einzige Endspiel mit Frankfurter Beteiligung, bei dem Du nicht im Stadion warst. Der Gegner und Sieger des Spiels hieß TSV 1860 München. Eine besondere Spielpaarung, bei der Du zwei Jahre später im Stadion warst.
Richtig. 1966 habe ich in den Farbwerken Hoechst angefangen zu lernen. Da war ich 14 Jahre alt. In meiner Fachgruppe waren eigentlich nur Eintracht-Fans, die mich animiert haben, einmal mit ins Stadion zu kommen. Als glühender Löwen-Fan bin ich im Dezember mit zum Spiel gegen 1860 München, damals der amtierender Deutsche Meister. 1860 führte zur Halbzeit mit 3:0, am Ende aber stand es 3:3. Das war der Moment, als mich der Eintracht-Virus infiziert und die Atmosphäre gepackt hatte. Meine Laufbahn als Eintracht-Fan hatte begonnen, diese pflege ich nun schon seit 57 Jahren.

Seither hast Du sieben DFB-Pokalendspiele live im Stadion miterlebt. Darunter auch fünf Eintracht-Siege. An welchen Erfolg erinnerst Du Dich besonders gerne?
1974, weil es mein erstes Pokalendspiel gewesen ist. Da hat alles gepasst: Wetter, Verlängerung und so weiter. Zwei Jahre vorher gründeten wir den ersten Eintracht-Fanklub „Die Adler“ in Schwanheim. Wir sind dann mit zwei Bussen zum Finale nach Düsseldorf gefahren, einer davon war sogar der Originalbus der DFB-Elf von der WM 1974, die im Sommer stattgefunden hatte. In Düsseldorf sind wir über Nacht geblieben, das war ein riesiges Erlebnis für uns. Schon am Stadioneinlass hatten wir Probleme mit unserer großen Fahne: Die Stöcke waren vier Meter lang. Zwar konnten wir die in der Mitte teilen, aber die Ordner wollten uns trotzdem nicht reinlassen. Also haben wir das Unterteil der Stöcke abgezogen und es jemandem in die Hand gedrückt. Wir sind nur mit dem Oberteil, also der Fahne, ins Stadion rein und der Kollege stand dann neben uns am Zaun und hat uns die Stöcke durchgeschoben. 

Wir sind dann mit zwei Bussen zum Finale nach Düsseldorf gefahren, einer davon war sogar der Originalbus der DFB-Elf von der WM 1974.

Siegfried „Siggi“ Endrikat

Schließlich gewann die Eintracht nach Verlängerung mit 3:1 gegen den Hamburger SV. Wie war die Stimmung im Stadion?
Zu dem Zeitpunkt hatten wir eine große Fanfreundschaft mit dem HSV. Wir standen auch in den Blöcken friedlich nebeneinander, Aggressivität gab es damals beim Finale nicht. Das war etwas lockerer. Wir haben die Nacht in Düsseldorf durchgemacht, sind am Sonntagmorgen zurück nach Frankfurt und gleich auf den Römerberg. Obligatorisch gehörte das Bad im Brunnen natürlich auch dazu. Wir sind einfach reingehüpft, standen dann halt den ganzen Tag in nassen Klamotten da. Das hat uns aber gar nicht gestört, wir waren schließlich Pokalsieger!

Es heißt, Du hättest Dir nach dem Pokalsieg 1974 ein Tattoo stechen lassen.
Das stimmt. Nach dem Pokalfinale habe ich mir ein Eintracht-Tattoo auf den linken Unterarm stechen lassen. Das waren Wettschulden. Ich habe aber auch eins auf der rechten Wade, weil ich einfach mal Lust darauf hatte. 

Den Schwanheimer Fanklub „Die Adler“ hast Du bereits angesprochen. Was bedeutete er für Dich?
Für uns war der Fanklub früher wie eine große Familie. Wir sind zusammen zu den Spielen gefahren, haben gefeiert und gelitten. Im Laufe der Jahrzehnte lässt das bei einem natürlich ein wenig nach. Mittlerweile bin ich 71 Jahre alt und seit kurzem stolzer Urgroßvater. Von den Leuten, mit denen wir damals den Fanclub gründeten, sind viele leider schon verstorben. Die, die noch leben, sieht man aber noch immer im Stadion.

Natürlich bist Du bei allen Spielen im Stadwald dabei.
Na klar. Wenn die Eintracht im Waldstadion spielt, sitze ich in Block 30B. Wobei, mittlerweile ist es eigentlich auch schon eher ein Stehplatz. Denn das Publikum hat sich gewandelt: Wenn ein Spieler der Eintracht über die Mittellinie läuft, dann springen sie alle auf (lacht).

Einen Frankfurter Sprint über die Mittellinie hast Du auch 2018 im Berliner Olympiastadion erlebt! An was denkst Du mit Blick auf den letzten Triumph vor fünf Jahren?
2018 war emotional fast nicht zu toppen. Jedes Mal, wenn ich mir heute die DVD anmache, bekomme ich Gänsehaut. Das Spiel und das Drumherum, der Fanmarsch und das Flussfahrt-Programm: Das war ein weiteres, unvergessliches Erlebnis. Ins Stadion kamen alle in Weiß, das war grandios. Ich kann mich noch genau an die Szene erinnern, als es den Elfmeter für die Bayern nicht gab. Ich habe die Luft angehalten und plötzlich gesehen, wie Mijat Gacinovic mit dem Ball auf unsere Kurve zuläuft. Ich dachte mir: Wo ist denn der Tormann? Der war ja in unserem Strafraum. Bis heute sehe ich den Lauf immer noch vor mir. Ein unvergesslicher Tag, der für den Verein wie eine Art Türöffner war. Drumherum hat sich eine Euphorie gebildet, auf den Bolzplätzen in der Region hat man endlich wieder Kinder mit Eintracht-Trikots rumlaufen sehen.

Höhepunkt eines Laufs für die Ewigkeit: Mijat Gacinovic ist von Mats Hummels nicht einzuholen und schiebt zum 3:1 ins leere Tor ein.

Jetzt wartet das neunte DFB-Pokalfinale auf die Eintracht. Und bestimmt auch auf Dich, oder?
Ja, ich werde auch diesmal wieder im Stadion sein. Vor dem Fernseher halte ich die Spiele für gewöhnlich kaum aus. Wenn es ein knappes Spiel ist, gehe ich eine halbe oder Viertelstunde vor Schluss in den Garten und warte bis fünf Minuten nach Spielende. Dann schaue ich im Videotext nach, wie es ausgegangen ist. Beim Pokalhalbfinale gegen Stuttgart habe ich zu früh wieder eingeschaltet. Am Schluss ist es ja nochmal eng geworden (lacht). Das sind so Sachen, da bin ich lieber live vor Ort.

Was traust Du der Mannschaft im Finale zu?
Für mich ist Leipzig vielleicht der kleine Favorit. Ich glaube auch nicht, dass sie uns unterschätzen werden. Ein Spiel auf Augenhöhe könnte ich mir sehr gut vorstellen, denn die Heimspiele gegen Leipzig haben wir sehr oft gewonnen. Auswärts haben wir eigentlich immer gut gespielt, aber oft knapp verloren – da war Leipzig jedoch nie sehr dominant. Ich glaube, dass die Eintracht sehr fit und motiviert sein wird.

Ich erinnere mich gerne an 1974. Deswegen sage ich, dass wir 3:1 nach Verlängerung gewinnen – wie damals gegen den HSV.

Siegfried „Siggi“ Endrikat

Zum Abschluss: Wie lautet Dein Tipp?
Ich erinnere mich gerne an 1974. Deswegen sage ich, dass wir 3:1 nach Verlängerung gewinnen – wie damals gegen den HSV. Das wäre für mich dann schon fast ein krönender Abschluss. Wer weiß, wann wir das nächste Mal im Endspiel stehen. Beziehungsweise weiß ich nicht, ob es Sinn macht, irgendwann mit dem Rollator die Reise nach Berlin anzutreten (lacht).