Vom Kuttenträger zur Chronikquelle einer ganzen Generation: Anjo Scheel. In der neuen Folge „Eintracht vom Main“ schildert der Edelfan seinen Werdegang; angefangen in den 1980er Jahren, als Stehplätze bröckelten, die Anhängerschaft rebellierte und die ersten zarten Bande zur Institutionalisierung entstanden. Mit dabei: Selbstgestickte Fanclub-Banner, bewegte Auswärtsfahrten, Begegnungen mit der Polizei – und ein Bus, der nicht ohne ihn zurückfährt.
„Ich war ein naiver Optimist“, beschreibt sich Scheel rückblickend selbst im Gespräch mit Matthias Thoma, Geschäftsführer des Eintracht Frankfurt Museum. Scheel lebt in Jena und arbeitet für die Sparkasse, galt seinerzeit als Schlüsselfigur in der Frankfurter Fanszene. Vom G-Block bis zum Innenraum von Rostock. Vom Pokalfinale 1988 – als einziger Eintracht-Fan auf dem Platz – bis zur Gründung der Faninitiative Frankfurt. Selbst wenn der Weg nicht immer gerade verlief, bleibt für Scheel eines klar: „Ich wollte nie schaden, ich wollte, dass der Verein das Richtige tut.“
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Ein Gespräch, das zwischen Nostalgie und Nähe pendelt. Scheel, der erste Fanbeauftragte der Vereinsgeschichte, erinnert sich an Zäune, die fielen, große Fahnen, die wieder erlaubt waren, und eine Couch von Jupp Heynckes, die heute fast als Museumsexponat taugt. Er spricht über Polizeikontakte, Busblockaden, Stadionaktionen, gescheiterte Vereinsreformen – und seinen legendären Fußball-Fankurier, dessen Nullnummer nie erschien und dessen Auflage einst bei 500 lag. Der Beginn von „Fan geht vor“.
Besonders bewegend sind Scheels offene Einblicke in persönliche Brückenbrände: 1994 zog er sich zurück, brach alle Kontakte ab, wollte nicht mehr „der von der Eintracht“ sein. Erst zwei Jahrzehnte später fand er langsam zurück in die Kurve. Heute sagt er: „Ich bin stolz, nicht neidisch.“ Denn Fans sind längst angekommen in den Gremien, auch dank seiner Vorarbeit.
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Eine Reise durch vier Jahrzehnte Fanleben, Kampfgeist, Kurvenkultur und kurioser Geschichten. Vom UEFA-Cup-Baden im Theaterplatzbrunnen bis zur Forderung von Fahrtkostenerstattung nach dem Heese-Wechselfehler in Uerdingen. Und am Ende bleibt ein Versprechen: Das legendäre T-Shirt mit dem Adler, der eine Kippe hält, gehört dem Museum.