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27.02.2009

Kurvendiskussion - Fanszene im Wandel

Am gestrigen Abend stand das Eintracht Frankfurt Museum ganz im Zeichen der Fanszene der 1980er Jahre. Ein Nachbericht zu unserer Veranstaltung aus der Reihe \"Tradition zum Anfassen\".

Kurvendiskussion - Fanszene im Wandel
Die 1980er JahreMittlerweile zum fünften Mal luden die Fan- und Förderabteilung und das Eintracht Frankfurt Museum zur Veranstaltungsreihe „Tradition zum Anfassen“ in das Museum ein. Das Thema des Abends lautete „Kurvendiskussion - Fanszene im Wandel“ und im Rahmen dessen wurde ein Blick auf unsere Fanszene der 1980er Jahre geworfen. Als Gäste des Abends empfing Moderator Axel „Beve“ Hoffmann den ersten Frankfurter Fanbeauftragten Anjo Scheel, das Fan-Urgestein vom EFC Bockenheim Thommy Kummetat und den Sozialwissenschaftler und Mitbegründer des Frankfurter Fanprojekts Dieter Bott.
 
 Erfreulicherweise war das Museum auch ohne ehemalige Spieler als Talkgäste gut besucht. Zahlreiche alte Haudegen der Frankfurter Fanszene aber auch viele junge Eintrachtfans gingen mit auf eine Zeitreise zurück in eine Epoche des Fußballs, in der es noch keine Hightech-Arenen aber dafür noch in allen Stadien Bier mit Alkohol gab.Direkt zu Beginn der Veranstaltung offenbarte Museumsdirektor Matthias „Matze“ Thoma, dass nicht etwa Ikonen wie Hölzenbein, Grabowski oder Körbel seine Idole gewesen seien, sondern die Anwesenden Anjo Scheel und Thommy Kummetat und die plauderten dann auch munter aus dem Nähkästchen.Nachdem in den 1970er Jahren die ersten Fanclubs wie z.B. der EFC Bieber, EFC City, EFC Nied oder aber der EFC Black & White gegründet wurden, begannen sie sich in den 1980er Jahren fanpolitisch zu engagieren. Forderungen nach mehr Unterstützung durch die Vereine und ein Aufbegehren gegen polizeiliche Repressionen waren auch damals schon die Triebfedern dafür.Während Anjo vom von Gewalt faszinierten jungen Mann, der die körperliche Auseinandersetzung eher vermied (Originalzitat: „Ich war besser darin Bierflaschen in den G-Block zu schmuggeln.“), zum ersten Frankfurter Fansprecher und später auch Fanbeauftragten aufstieg, arbeitete Thommy ehrenamtlich für die Interessengemeinschaft Block G und die Fanhaus Initiative. Diese träumte schon Mitte der 80er Jahre von einem eigenen Haus als Treffpunkt. Thomas erzählte von der nicht vorhandenen Unterstützung der Eintracht und der Politik zu dieser Zeit. Ein damaliger SPD Politiker hätte gar die Idee gehabt, ein Fanhaus unter einer Autobahnbrücke zu eröffnen. Da würde wenigstens niemanden der Lärm stören, den die Fans machen.Dieter Bott kam durch seinen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn zum Fußball. „Mich ärgerte die Tatsache, dass die Fans für ihre Liebe und Leidenschaft für ihren Verein von diesem nichts zurück bekamen. Das konnte ich nie verstehen.“ Dieter war Mitbegründer des Frankfurter Fanprojekts und gründete dann auch später die Fanprojekte in Duisburg und Düsseldorf. Am gestrigen Abend präsentierte er sich als glühender Anhänger einer freien, bunten, kreativen und vor allem selbst verwalteten Fankultur.  Im Laufe des Gesprächs erzählten die Protagonisten dann noch von Gewalt im Stadion, die damals fester Bestandteil eines jeden Bundesligaspiels war. Ersten Kontaktpersonen der Polizei, so genannten "Zivis", deren Autonummern schon mal in Fanmagazinen veröffentlicht wurden. Von Fahnenpässen, die erstmals in Deutschland in Frankfurt von Anjo Scheel mitinitiiert wurden, weil sonst gar keine Fahnen über 1,50 m Stocklänge in den Stadien erlaubt worden wären und Bayernfans, die laut Thommy Kummetat schon 1982 sinnlos waren. Sowie der ersten G-Block Räumung der Fans als Protestreaktion auf überzogene Polizeiwillkür.Erstaunt konnten die Zuhörer feststellen, dass die Fanszene heute zwar wesentlich professioneller aufgestellt ist, die Probleme aber oftmals schon vor 25 Jahren ähnlicher Natur waren.Es war wie immer ein sehr schöner Abend und wir bedanken uns dafür bei allen Besuchern, unserer Gesprächsrunde, die von „Beve“ wieder hervorragend geleitet wurde sowie dem Team vom Eintracht Frankfurt Museum. Die „Kurvendiskussion“ wird im Rahmen der Reihe „Tradition zum Anfassen“ fortgesetzt, denn es gibt noch viel zu erzählen. Zum Beispiel von den 1990er Jahren und der Gründung der Ultras und der Fanabteilung und und und.