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20.10.2023
Fans

"Nie aufgeben! Egal was kommt!"

Ein einsamer Eintrachtler in Sinsheim? Nein, Björn war zwar allein mit seiner Begeisterung für die Eintracht, doch einsam war er nie. Über Platzsturm, Grillen vor dem Spiel und Fankultur in unserem Fanportrait.

Björn Kraft weiß nicht wirklich, warum er Eintracht Fan geworden ist. Aufgewachsen in Ravensburg am Bodensee, in Heidelberg studiert, keine Frankfurt-Fans im direkten Umfeld. Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass sein Vater in Darmstadt studiert hat und von Frankfurt als Stadt erzählte. Vielleicht auch, weil sein Vater Fußball ablehnte. Was Björn weiß, ist, dass er irgendwann als Kind anfing, die Spiele dieser einen Mannschaft zu verfolgen, die es irgendwie nie ganz nach oben schaffte. Immer wieder verlor, knappe Ergebnisse einfuhr. Unten in der Zeitung standen sie. Und in den 80ern auch meist eher am unteren Tabellenende.

Jeden Tropfen Glück melken

Björn Koch

Heute ist Björn Arzt, arbeitet in Sinsheim und lebt mit seiner Familie in direkter Umgebung. Eine Stunde und zehn Minuten braucht er, um zu einem Heimspiel der Eintracht zu fahren. Das ist fast schon zu schnell, ein „überwältigendes Privileg“ für ihn. Früher – in den 90ern - ist er mit seinem besten Freund Tobi zu den Spielen gefahren. Heute gerne auch mit seinem Sohn, den Björn langsam, aber sicher mit seiner Eintracht-Verrücktheit ansteckt. Heimspiele werden da richtig zelebriert: schon Stunden vorher stehen sie auf dem Waldparkplatz des Stadions und beginnen zu grillen. Manchmal wird der Grill auch nach dem Spiel nochmal ausgepackt. Dann sind sie fast die ersten die kommen und fast die letzten die gehen.

Dass die Eintracht heute international spielt, in den letzten fünf Jahren zwei Titel geholt hat – Wahnsinn aus Björns Sicht. In Sevilla durfte er sogar vor Ort dabei sein, eine unwirkliche Erfahrung. Dabei hat er sich in diesen Verein verliebt, als er unten stand. Zweite Bundesliiga. Teilweise grottiger Fußball. Aber diese Fans – Menschen, die zusammenstanden, die ihr Team anfeuerten, jede Balleroberung ein Grund zum Jubeln, bis zur letzten Minute, egal was das Ergebnis war. Nie aufgeben, immer weiter. Das könne man sich was fürs eigene Leben abschauen meint Björn. Die Fans der Eintracht – das ist was anderes, was Besonderes, sagt er und steckt seinen besten Freund und Studienkollegen Tobi an.

Grenzen testen

Zusammen fahren sie auf etliche Heim- und Auswärtsspiele. 1999, letztes Spiel, Eintracht Frankfurt gegen Kaiserslautern, Waldstadion. Die Eintracht muss gewinnen, um erstklassig zu bleiben. In der 67. Spielminute zeigt der Schiri auf den Elfmeterpunkt. Oka Nikolov kann nicht gegen Schjønberg halten, es steht 1:1. Doch diese Eintracht – dieses Stehaufmännchen – macht weiter. Zwei Minuten später Sobotzik mit dem 2:1. Zehn Minuten danach Gebhardt 3:1. Und danach Torfest: Bernd Schneider, in seinem letzten Spiel für die Eintracht zum 4:1. Und in der 89. Minute einer der schönsten Übersteiger der Bundesligageschichte: Jan Åge Fjørtoft zum 5:1 (Spielhighlights). Wenig später ist kein Halten mehr: die Frankfurter Fans stürmen den Platz. Mittendrin: Tobi und Björn. Über die unwirklichen Bilder von damals lacht Björn heute noch. „Frech musst du sein“ sagt er dann und erzählt, wie sie sich auf die Trainerbank hocken, Eintracht-Fahne grinsend in die Kamera haltend. Ein Stück Rasen hat er auch mitgenommen. Das lebte dann circa ein halbes Jahr lang auf der Fensterbank seiner Studentenwohnung.

Allein, aber nie einsam

Als Eintracht-Fan hätte er sich noch nie einsam gefühlt. Vielleicht war er am Bodensee allein damit, sich für die Eintracht zu interessieren, doch durch das Team, durch das Mitfiebern, durch die Fans, war da ein Gefühl der Verbundenheit. Noch heute, wenn Björn die Eintracht im Stadion oder zuhause über das Radio verfolgt, spürt er die Adlergemeinschaft. Oder wenn er einen Eintracht-Sticker bei sich vor der Praxis entdeckt. Wenn er seinen Sohn sieht, der mit SGE-Cappie den kleinen Sinsheimerorteil Waldangelloch unsicher macht. Und jetzt, wo seine Eintracht gerade mal zehn Kilometer von ihm entfernt spielen wird, ist die Nähe noch deutlicher spürbar. Diesmal kann er nicht im Stadion sein, aber vielleicht das nächste Mal, wenn die Eintracht auswärts bei Björn Zuhause spielt.