Im 18. Teil der von der Fan- und Förderabteilung und dem Eintracht Frankfurt Museum gemeinsam organisierten Veranstaltung „Tradition zum Anfassen“ wurden die Männer, die Kopf und Kragen riskieren, begrüßt. In unserer Historie konnten wir uns auf die Helden zwischen den Pfosten meist verlassen. Nun plauderten Dr. Peter Kunter, Joachim Jüriens, Thomas Ernst, Manfred „Moppes“ Petz und Oka Nikolov im Museum über ihre Erfolgserlebnisse, das Gefühl nach einem Fehlgriff, den Konkurrenzkampf und ihrer Zeit vor, während und nach der Eintracht.Museumsleiter Matthias Thoma eröffnet die gut besuchte Veranstaltung mit einer kurzen Vorstellung der Veranstaltungsreihe, bei der einzelne Ereignisse der Eintracht oder eben auch Personen näher beleuchtet werden. Er entschuldigte Hans Tilkowski, der leider wegen Krankheit absagen musste und erzählte passend zum gestrigen Thema eine Anekdote aus seiner Zeit als Torwart.„Ja, ich weiß es noch genau. Es war das Spiel meiner D2 gegen die E1 des SV Hofheims. Nachdem wir 10:0 verloren haben, beendete ich meine Karriere!“ Danach ergriff Stefan Minden, Abteilungsleiter der Fan- und Förderabteilung, das Wort. Auch er erinnerte sich an seine Zeit als Torhüter, die wie böse Zungen behaupten, wegen seiner Zuneigung zu Zigaretten die einzig akzeptable Position für ihn war. Stefan Minden hieß die Besucher und Gäste herzlich Willkommen und tat seine Freude darüber kund, wie schön „episodenübergreifende“ Themen sind. Episodenübergreifend war das Stichwort für eine kleine Geschichte über das vergangene Heimspiel gegen den MSV Duisburg, als die Westkurve ihre Fangesänge für Oka anstimmte.„Als der Jubel anfing, sagte ich zu meinem Sitznachbar: Was wird das erst für ein Moment, wenn er 2023 sein letztes Spiel für unsere Eintracht machen wird!? Heute steht er mitten in seiner Karriere und in 20 Jahren wird dies hier der richtige Rahmen für einen Rückblick sein.“ Dann übernahm Axel „Beve“ Hoffmann sein Amt als Moderator und gab den endgültigen Startschuss für die Veranstaltung, in dem er unsere Tormänner mit allerlei Wortwitz begrüßte.Dr. Peter Kunter ergriff zunächst das Wort und erzählte von seinem denkwürdigsten Spiel – dem 5:5 gegen den VfB Stuttgart. „Ich war nicht der Einzige, der immer schuld war. Das lag natürlich auch an denen vor mir. Wie immer! Aber das war ein Spiel! Ich hab hinten einen reingelassen, Hölzenbein vorne eins geschossen. Ich hinten eins reingelassen, Neuberger vorne eins geschossen.“ Mit 35 Jahren beendete er schließlich seine aktive Laufbahn. „Ich war dann auch nicht mehr der Jüngste und ich wollte anderen auch mal eine Chance geben. Da hab ich dann zum Trainer gesagt: Lass den Günther doch spielen. Er fragte mich, ob ich etwa vor diesem Publikum jetzt kneifen wollen würde und zeigte auf die Menge, aber ich hatte beschlossen, dass es genug war.“ Doch wie hat das früher funktioniert mit Beruf und Profifußballkarriere, wobei man sich laut Beve ja auch heute nicht tot trainiert? Ganz locker erzählte der fliegende Zahnarzt von seinem Leben. Er habe von 8-15 Uhr studiert und ist dann nach Frankfurt zum Training aufgebrochen. Zwar habe er bei wichtigen Spielen mal eine Vorlesung ausfallen lassen, aber es machte auch nichts, wenn er mal zehn Minuten später beim Training war. Kurz vor dem Staatsexamen wollte man ihn loswerden, so dass er eine Prüfungspause einlegen konnte und Hans Tilkowski verpflichtet wurde. Doch das war laut Kunter ein Fehler des damaligen Präsidenten Rudi Gramlich, denn nach dem Examen sei alles von ihm abgefallen und er war so gut wie nie zuvor. So kam es, dass Tilkowski noch ein halbes Jahr blieb und dann wieder weg war. Der Kampf der Torhüter gegen die Konkurrenz. Davon konnten alle etwas erzählen.So auch Thomas Ernst, der lange Jahre darauf wartete, dass Uli Stein sagt: Ich höre auf! Er kam als Jugendlicher zur Eintracht und wurde am Riederwald Deutscher A-Jugendmeister. Der Sprung in den Profikader war allerdings schwieriger. „Sein erstes Spiel vergisst man nicht“, so Ernst. „ Das war gegen den FC Homburg im Saarland. Gundelach hatte sich in der ersten Halbzeit bei einer 1:0-Führung verletzt. Nachdem man plötzlich 1:2 zurück lag, wurde ich in der 54. Minute eingewechselt und nach meinem dritten Ballkontakt stand es 1:5. Ich weiß noch wie Charly Körbel gelacht hat und ich hielt es für den Weltuntergang. Das war einfach ganz blöd gelaufen, obwohl ich nichts machen konnte. Da hat an diesem Tag einfach nichts gepasst und in der Zeitung stand dann, dass ich wenigstens 35 Minuten ein wenig Talent gezeigt habe!“ Noch beachtlicher war diese Leistung aber, wenn man beachtet, dass Homburg bis zu dem Spieltag insgesamt nur 5 Tore geschossen hatte.Axel „Beve“ Hoffmann: „Das hatte nichts mit Thomas Ernst zu tun. So ist eben unsere Eintracht und wir haben gelernt zu leiden!“Thomas Ernst blieb dennoch der Eintracht treu, er erteilte u.a. Mainz eine Absage und glaubte fest daran, irgendwann den Platz von Uli Stein zu übernehmen. Doch als Stein aufhörte und man Andreas Köpke für eine Millionen Mark holte, war es auch für ihn an der Zeit, zu gehen. Mit einem offenen Brief in der „Fan geht vor“ verabschiedete sich Ernst nach sieben Jahren von Eintracht Frankfurt.„Ich habe seit der C-Jugend bei Eintracht Frankfurt gespielt, da kommt man mit den aktiven Fans schneller in Kontakt und so kam es dazu, dass dieser Brief aus einem Gespräch heraus abgedruckt wurde. Dennoch habe ich trotz der wenigen Einsätze alles mitgenommen und war sogar bei Körbels Abschiedsspiel dabei.“Auch Oka Nikolov machte sich schon einmal in der Zeitung Luft. Nikolov: „Das hätte ich mal besser gelassen. Ich habe damals Dirk Heinen für drei Spiele ersetzt, die wir alle gewonnen hatten und in denen ich mich auch wirklich gut fand. Trotzdem saß ich nach seiner Rückkehr wieder auf der Bank!“ Und auch mit Fehlgriffen kennt er sich aus. „Beim Spiel gegen Freiburg hatte ich den Ball quasi schon gefangen und wollte abwerfen, aber dann war er irgendwie im Tor!“ Das kennt Manfred Petz von einem Freundschaftsspiel nur zu gut, trotzdem spielte er im darauffolgenden DFB-Pokalspiel. Joachim Jüriens schaffte es mit seinem Patzer sogar, dem Gegenspieler zum Tor des Monats zu verhelfen. „Das war gegen Uerdingen. Der Kerl (Matthias Herget) zieht noch hinter der Mittellinie ab, ich stand 200 Meter vor dem Tor und ich dachte nur: Da hast du dich verkalkuliert!“Dr. Kunter: „Ich hatte eigentlich keine Probleme mit meinen Torwartkollegen. Außer mit Hans Tilkowski, weil er einfach nicht verlieren konnte und ständig unterschwellig geschossen hat. Irgendwann habe ich mal laut gesagt, wie der nur Nationaltorwart werden konnte und das wurde ihm dann natürlich berichtet. Da hab ich mal zurückgeschossen!“In Sachen Konkurrenzkampf waren Nikolov und Ernst sich ebenfalls einig. So meinten beide, dass es die ersten Jahre durchaus von Vorteil sein kann, weil man sich einiges abgucken und vieles lernen kann. Doch wenn man dann merkt, dass es nichts wird, dann sollte man sich wie Jan Zimmermann mit Darmstadt eine neue Herausforderung suchen.“Bei Thomas Ernst endete diese neue Herausforderung allerdings zunächst in einem Desaster. „Ich hatte Angebote von Mannheim und von Saarbrücken. Bei Mannheim machte man es allerdings davon abhängig, ob der aktuelle Torwart verlängert oder nicht. Von Saarbrücken kam schließlich die Zusage. Doch ich hatte einen Urlaubstrip nach Amerika gebucht und der Vertrag wurde nicht rechtzeitig fertig, wurde mir aber zugesichert und sollte dann eben durch eine mit Vollmacht befähigte Person für mich absegnen. Ein paar Tage später lese ich in der Zeitung, dass Saarbrücken sich aufgrund einer geringeren Ablöse für jemand anderen entschieden hat. Zum Glück stieg der FSV gerade in die 2. Liga auf, dort lernte ich außerdem meine Frau kennen und spielte dann noch bis ins hohe Alter in Bochum, Stuttgart und Lautern. Ja, auch ich wurde am Ende von allen Vater genannt!“Gerade das Alter hält Oka Nikolov allerdings sogar für einen Vorteil. „Ich genieße das Spielen im Alter immer mehr, weil ich heute genau weiß, was ich an meinem Job habe.“ Dem kann Manfred „Moppes“ Petz nur zustimmen. „Er nimmt sein Training sehr ernst. Bei ihm muss alles passen und er versucht alle Abläufe noch so hinzubekommen wie ein 20 Jähriger. So hält er sich fit und sieht dabei noch sehr geschmeidig aus.“Beim Thema Vertragsverlängerung wollte Nikolov allerdings nicht allzu viel sagen. „Da müsst ihr die Offiziellen fragen. Aber es läuft wohl darauf hinaus, dass eine Vertragsverlängerung folgt!“ Und wenn Oka Nikolov noch ein bis zwei Jahre weitermacht, überlegt es Jüriens sich sogar nochmal mit der Traditionsmannschaft: „Die muss schließlich weitergeführt werden und wenn nicht von Oka, dann eben von mir. Wenn er dann kommt, muss er sich allerdings natürlich erst auf die Bank setzen und sich hocharbeiten.“ Traditionsmannschaft vs Exponat im Museum – das Gerangel um unseren Nikolov geht bereits los!Wie Manfred Petz mit dem Coca Cola-Wagen zum Fußball raste, wie seine Zeit in Wolfsburg mit dem Sondertraining für Simon Jentsch war, warum aus „Oka in Amerika“ zum Glück nichts geworden ist, wie er sich bei den Fangesängen auf sich im Stadion fühlt und vieles mehr waren noch Themen an diesem kurzweiligen Abend. Wir bedanken uns an dieser Stelle bei allen Anwesenden und Verantwortlichen für den reibungslosen Ablauf und die gute Unterhaltung.Hier noch einmal die einprägsamsten Zitate des Abends:Petz: „Wie ich zu meinem Spitznamen komme? Ich habe zwei Brüder und als Baby war ich eben ein wenig moppelig. Da nannte mich mein Bruder: Moppelchen Moppes und seitdem heiß ich so. Witzig, dass viele denken, das wäre mein richtiger Name.“Nikolov: „Man bleibt die Nummer Eins, wenn man immer mal wieder mit dem Trainer was essen geht!“Jüriens: „Jeder, der schon einmal einen Ball in der Hand hatte weiß, wie nervös man ist. Erst recht, wenn der Trainer nicht überzeugt ist!“Ernst: „Fehler passieren anfangs. Das schweißt aber zusammen und diesen Zusammenhalt verbinde ich heute immer noch mit dem Riederwald, auch wenn es dem früher heute in keinster Weise mehr gleicht.“Jüriens: „Wie ich zur Eintracht gekommen bin? Meistens mit dem Auto!“
04.11.2011