Am vergangenen Donnerstag fand in Kooperation mit dem Eintracht Frankfurt Museum bereits die 19. Veranstaltung unserer Reihe „Tradition zum Anfassen“ statt. Diesmal ging es um die Helfer im Hintergrund, ohne die ein Profiverein wie Eintracht Frankfurt nicht funktionieren könnte. Stefan Minden (Abteilungsleiter der Fan- und Förderabteilung), Matthias Thoma (Museumsleiter) sowie der Moderator des Abends, Axel „Beve“ Hoffman, begrüßten folgende Gäste: Anton „Toni“ Hübler, Friedel Lutz, Franco Lionti, Lutz Meinl und Dr. Joost Runzheimer. Durch diese Kombination wurde eine Zeitspanne von über 60 Jahren abgedeckt, über die unsere Gäste erzählen konnten. Seit Gründung der Bundesliga waren damit alle Zeugwarte zu Gast, durch Lutz Meinl und Dr. Joost Runzheimer konnte jedoch auch ein Einblick in die Welt eines Physiotherapeuten und eines Arztes genommen werden.Toni Hübler, der heute aus der Eintracht-Familie nicht mehr wegzudenken ist und nach dem sogar ein eigener Fanclub benannt ist, begann 1954 als Gärtner bei der Eintracht. Auf die Frage, wie alles begann, erzählte er als Erstes über seine Anfänge bei Eintracht Frankfurt. Nach einer kurzen Probezeit wurde er fest angestellt und wie wir wissen, blieb er unserer Eintracht über 40 Jahre als Angestellter treu. Zur Zeit seiner Anstellung fand eine langsame Entwicklung der Professionalisierung des Profifußballs statt. Anfangs mussten sich die Spieler um ihre Schuhe und ihre Ausrüstung noch selber sorgen, doch bald schon wurde ein Schuster eingestellt, der sich um das Schuhwerk der Spieler kümmerte. Mit Einführung der Bundesliga wurde dann auch Toni Hübler zum Profi – er bekam eine Anstellung zum Zeugwart. Das er diesen Beruf bis 1995 ausübte, ist mehr als erstaunlich. In seiner langen Zeit bei Eintracht Frankfurt hat Toni Hübler viel erlebt, doch sein Motto lautete:“Was in der Kabine war, bleibt in der Kabine“.Dr. Joost Runzheimer beschreibt die Eintracht in den 60er und 70er-Jahren als große Familie. Durch seine familiäre Prägung besuchte der Frankfurter Bub bereits als kleines Kind die Spiele der Frankfurter Eintracht und war auch beim Finale um die deutsche Meisterschaft 1959 in Berlin dabei, wo er im Mannschaftshotel wohnte. „Joost war ein echter Überflieger“, so beschrieb Toni Hübler ihn. Doch wie sieht es heute im Fußball aus? Gibt es solche familiären Bedingungen wirklich noch? Nein, antwortete Franco Lionti, aktueller Zeugwart. „Im Fußball gibt es heute keine Familie mehr“, dies sei besonders durch die immer höhere Anzahl an ausländischen Spielern bedingt, die Sprachbarriere und das Internet, welches eine Menge Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt.Axel „Beve“ Hoffmann sprach ein mögliches Vertrauensverhältnis zwischen Platzwart und Spielern an. Lionti antwortete, dass dieses sich entwickeln, man die Spieler jedoch aber auch erziehen müsse, da doch teilweise wenig Respekt gegenüber dem Platzwart herrschen würde. Toni Hübler berichtete, dass es einen Spieler gab, der auf Ordnung keinen Wert legte und die dreckigen Klamotten immer auf einen Haufen warf. Da nahm sich Toni ihn zur Brust und sagte:“ Du hast so eine schöne Frau Zuhause, machst du das da genauso?“. Seine Worte brachten den Spieler zur Vernunft und so kam es, dass er fortan auf die Ordnung achtete.Nachfolger von Toni Hübler im Amt des Platzwartes wurde 1995 Friedel Lutz, deutscher Meister von 1959. Auf die Frage, ob die Spieler ihn kannten, antwortete er mit breiter Brust: “Wenn nicht, dann wäre das ein großes Armutszeugnis“. In das Amt kam er eher zufällig über Hölzenbein, mit dem er zusammen in einer Auswahl kickte. Und nun begann ein sehr unterhaltsamer Teil des Abends, denn Lutz packte einen Zettel aus, auf dem er Anekdoten gesammelt hat und las diesen vor. So erzählte er zum Beispiel von den vier Umzügen, die er während der Zeit des Stadionumbaus mitmachte, dass er in einer Saison mal vier Trainer erlebte und das in einem Trainingslager der Eintracht von 40 Bällen immer 5 Stück verloren gehen würden. Auch erzählte er vom Spieler Marcel Heller, der zu Beginn mit breiter Brust und mit viel Ignoranz vor ihn trat, dass er doch die Nummer 9 bekommen würde und hier nun Profi sei. Lutz nahm ihn sich zur Brust und als Heller aus dem Gespräch herausging, „da sei er 50cm kleiner gewesen“.Lutz Meinl kam 1979 als 2. Masseur von Friedel Rausch zur Eintracht. Zu allererst bedankte er sich bei Toni Hübler, er nannte ihn einen „guten Lehrmeister“. Dann aber erzählte er eine Geschichte aus seinem ersten Trainingslager. Er hatte Geburtstag und bekam eine Flasche Whiskey geschenkt. Das sonst geltende Betretungsverbot der örtlichen Discothek wurde aufgrund seines Geburtstages für ihn an diesem Tag aufgehoben. Als er nach einer fröhlichen Nacht nach Hause kam, war die Flasche Whiskey leer, die Minibar geplündert und ein voller Aschenbecher stand auf dem Tisch. Im Verlauf der Woche trat ein Spieler mit folgenden Worten zu ihm:“Lutz, wir ersetzen dir auch die Flasche Whiskey“. Meinl erzählte keinem von diesem Vorfall und somit war es der Beginn eines Vertrauensverhältnisses zwischen ihm und den Spielern. Durch die Entwicklung im deutschen Fußball und den immer größer werdenden Betreuerstäben wurde Meinl schließlich 1983 offiziell eingestellt.Es begann nun der Teil des Abends, indem über die Macht der Spieler mit Bedauern geredet wurde. „Es gibt heute keine Vereinsverträge mehr mit Schuhfirmen“, sagte Lionti, denn manche Spieler würden sich weigern, eine bestimmte Firma zu tragen. So hat jeder Spieler eigene Verträge, wodurch es auch zu der Problematik kommt, dass vermehrt bunte Schuhe getragen werden, die die jeweilige Firma vermarkten möchte und welche dann in den Läden verkauft werden. Friedel Lutz und Toni Hübler waren über diesem Sachverhalt sehr schockiert. So stellte Axel „Beve“ Hoffmann die Frage, ob es zu einem Normalitätsverlust gekommen sei. Friedel Lutz beschrieb, dass es eine Individualisierung der Spieler gegeben hat und dies eine jahrelange Entwicklung gewesen ist. Auch ist die Macht der Mannschaft immer mehr gestiegen, was er an einigen Beispielen verdeutlichte. Die Aufstiegsmannschaft von 2005 war die letze Mannschaft bei Eintracht Frankfurt, die von großem Zusammenhalt geprägt war, beschrieb Lutz als positives Beispiel. „Bei Veh gibt es nach Spielen beim Abendessen eine Anwesenheitspflicht von 30 Minuten, keine zwei Minuten später ist der Saal leer“, mit diesen Worten beschrieb Lionti die heutige Atmosphäre.Eine weitere schöne Anekdote lieferte Lutz Meinl, indem er über Verletzungen sprach. So habe er oft Simulationen von Behandlungen durchführen müssen. „Ich habe dann immer das Bein genommen, das am Nächsten lag“, mit diesen Worten sorgte er für Gelächter bei den ca. 80 Gästen. Er habe gewusst, bei welchen Spielern auf dem Platz eine Verletzung ernsthaft gewesen ist und bei welchen nicht. Als negatives Beispiel seiner Laufbahn prangerte er Felix Magath an, der ihn mit folgenden Worten reizte: „Lutz, nicht du entscheidest, wer krank ist, sondern ich“. So musste ein mit Mandelentzündung krank gemeldeter Spieler trotzdem im Training antreten. Wenn es um Verletzungen ging, dann konnte Meinl diese oftmals richtig einschätzen. Denn als Thomas Doll für 6 Millionen Mark gekauft werden sollte, winkte Meinl vorher schon ab. Und es kam, wie es kommen sollte, Doll absolvierte aufgrund von Verletzungen nur drei Spiele. Meinl wurde schließlich nach Lizenzentzug gekündigt, da er als Heilpraktiker eine Überqualifikation besessen habe.Und so endete ein Abend mit Geschichten aus über 60 Jahren Eintracht Frankfurt, indem man einmal mehr sehr interessante Details erfahren konnte und mit Bedauern feststellt, welche Entwicklung der Fußball durchgemacht hat.Wir möchten uns bei den Kollegen des Eintracht Frankfurt Museums recht herzlich für die tolle Organisation des kurzweiligen Abends, bei allen interessierten Zuschauern und unseren Gästen bedanken, die mit ihren Geschichten für einige Lacher sorgten.
05.03.2012